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Neun Jahre Leidenschaft: Sascha Wiehl über Abschied, Dankbarkeit und neue Aufgaben beim TV Nierstein
verfasst von
Pascal
Lattreuter
Nach fast einem Jahrzehnt als Cheftrainer der 1. Herrenmannschaft des TV Nierstein verabschiedet sich Sascha Wiehl aus der ersten Reihe – und schlägt ein neues Kapitel auf. In einem sehr persönlichen Interview blickt er zurück auf Höhen und Tiefen seiner Trainerzeit, spricht über unvergessliche Momente, schwierige Phasen und seine neuen Aufgaben im Jugendbereich. Ein Gespräch über Leidenschaft, Verantwortung und die Zukunft des Handballs in Nierstein.
Sascha, nach fast neun Jahren als Cheftrainer der 1. Herren endet nun diese Zeit – was empfindest du bei diesem Abschied?
Neun Jahre sind als Trainer schon eine sehr lange Zeit und dementsprechend sind mir all die Spieler und der Verein über die Jahre extrem ans Herz gewachsen und natürlich wird mir das alles schon ein wenig fehlen. Trotzdem war es genau der richtige Zeitpunkt, das Traineramt an Luca abzugeben.
Welcher Moment oder welches Spiel bleibt dir besonders in Erinnerung?
Da fallen mir gleich zwei Spiele ein.
In meiner ersten Saison haben wir von Beginn an um den Klassenerhalt gekämpft und diesen im letzten Heimspiel mit einem unerwarteten Sieg gegen den damaligen Tabellenzweiten vom HSV Alzey dann auch schließlich klar gemacht. Die Erleichterung war unglaublich.
Und dann war da natürlich unser unvergesslicher Auswärtssieg in den Relegationsspielen zur Rheinhessenliga in Ingelheim. An diesem Abend ist uns einfach alles geglückt und wir haben uns regelrecht in einen Rausch gespielt. Und es war jedem bewusst, dass dieser Sieg mit neun Toren Unterschied gleichbedeutend mit dem Aufstieg in Rheinhessens höchste Spielklasse war.
Gab es etwas, das rückblickend vielleicht nicht so gut funktioniert hat, wie du es dir erhofft hattest?
Natürlich gibt es in so vielen Jahren einige Höhen aber auch Tiefen und es ist auch nur verständlich, dass die Mannschaft oder auch man selbst im Nachhinein nicht immer mit Trainingsinhalten oder Entscheidungen bei Spielen einverstanden ist.
Ein Problem, welches mir tatsächlich in all der Zeit nicht gelungen ist in den Griff zu bekommen, ist, dass es bei vielen Spielern nur himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt gab. Dass sich manchmal selbst Siege wie Niederlagen angefühlt haben oder dass fünf schwache Minuten 55 ordentliche oder gute Minuten überstrahlt haben, war teilweise für mich schwer nachzuvollziehen und zu verarbeiten.
Du konzentrierst dich nun vollständig auf die Jugendarbeit und trainierst künftig vier Jugendmannschaften. Was reizt dich an dieser neuen Herausforderung besonders?
Es ist richtig, dass ich in Zukunft gemeinsam mit Robert Marckart vier Teams trainieren werde, wobei wir uns in jeder Mannschaft die Trainingsarbeit teilen werden. Wir versprechen uns hiervon mehr Abwechslung und Impulse im Training.
Es reizt mich ungemein, junge Spieler:innen weiterzuentwickeln und an den Aktivenbereich heranzuführen. Außerdem genieße ich die Begeisterung und Leidenschaft, mit der unsere Mädchen und Jungs im Training und bei den Spielen bei der Sache sind.
Darüber hinaus habe ich als Trainer der 1. Herren in den letzten neun Jahren erleben dürfen, wie wichtig eine gut funktionierende Jugendarbeit ist. Für den TV Nierstein ist es extrem schwierig, Spieler im Herrenbereich zu akquirieren, weshalb wir extrem auf eine gute Ausbildung unserer Jugendspieler angewiesen sind, um diese in den Herrenbereich zu integrieren. Und dies ist uns meiner Meinung nach in den letzten Jahren hervorragend gelungen.
Und an dieser Zielsetzung müssen wir auch in Zukunft festhalten.
Welche Entwicklung wünschst du dir langfristig für die Jugendabteilung des TV Nierstein – sportlich, aber auch menschlich?
Das Interesse der Jugend am Handballsport ist in Nierstein extrem groß und nach wie vor ungebrochen. Angetrieben von unseren Söhnen haben meine Frau und ich beispielsweise vor sieben Jahren die Ballschule ins Leben gerufen, die mittlerweile ein fester und nicht mehr wegzudenkender Teil unseres Jugendkonzeptes ist und eine gute Möglichkeit bietet, erste spielerische Erfahrungen mit dem Handballsport zu machen.
Generell kann man voller Stolz sagen, dass wir zur nächsten Saison so viele Mannschaften von den Minis bis zur B-Jugend stellen wie niemals zuvor. Diesen eingeschlagenen Weg mit qualifizierten Trainern und der Unterstützung älterer Jugendspieler:innen im Trainingsbetrieb gilt es nun weiterzugehen.
Wenn du Luca als neuem Trainer einen Tipp geben könntest – welcher wäre das?
Ich glaube nicht, dass Luca irgendwelche Tipps braucht, um in den nächsten Jahren mit unseren 1. Herren einen erfolgreichen und attraktiven Handball zu spielen. Luca ist unglaublich respektiert und angesehen bei der Mannschaft und wird mit seiner Art und vielen neuen Impulsen und Ideen das Team weiterentwickeln.
Und wenn ich dann doch einen Tipp geben sollte, dann höchstens der, dass er lernen muss, gelassen mit kurzfristigen Trainings- oder Spielabsagen einzelner Spieler umzugehen.
Als langjähriger Trainer hast du sicher viele kuriose oder lustige Situationen erlebt. Gibt es eine Anekdote, die du besonders gern erzählst?
Das eigentlich Kuriose ist, dass ich eigentlich nie mit dem Gedanken gespielt hatte, Handballtrainer zu werden. Und nach Loris erster Kontaktaufnahme, war es schließlich meine Frau, die mich hierzu ermutigt hat. Ich bin dem TV unendlich dankbar, dass sie mir die Chance und auch die Zeit gegeben haben, mich als Trainer zu entwickeln, wobei ein besonderes Dankeschön hierbei an die mich in dieser Zeit begleitenden Abteilungsleiter Lori und vor allem Pascal geht, die mich jederzeit optimal unterstützt haben.
Du bist bekanntermaßen FCK-Fan – wenn beim Warmmachen deiner Mannschaft mal Fußball gespielt wird: Welcher FCK-Spieler dürfte mitkicken?
Da würde ich mich für die Walz aus der Pfalz, Hans Peter Briegel entscheiden, mein erster absoluter Lieblingsspieler.
Rote Teufel oder „grüner Adler“ – für wen brennst du mehr, wenn du dich entscheiden müsstest?
Seit 1978 bin ich Dauerkarteninhaber und leidenschaftlicher FCK-Fan und habe dies auch auf meine Söhne übertragen, die mittlerweile auch schon Dauerkarten uffm Betze haben. Da lässt sich natürlich nur schwer mit konkurrieren.
Aber wie gesagt, nach neun Jahren als Trainer im Aktiven- und Jugendbereich ist mir selbstverständlich auch der „grüne Adler“ mehr als ans Herz gewachsen und dies wird sich so schnell auch nicht mehr ändern lassen.
Abschließend: Was hat dich all die Jahre am meisten motiviert, Woche für Woche in der Halle zu stehen – und was gibst du der Mannschaft nun mit auf den Weg?
Wir haben nach wie vor eine relativ junge Mannschaft, in der noch viel Entwicklungspotential steckt und genau dies hat mich auch die ganzen Jahre über angetrieben und motiviert. Die jungen Spieler in ihrer Entwicklung zu unterstützen und an den Aktivenbereich heranzuführen, war mir immer ein besonderes Anliegen.
Und jetzt, wo ich nicht mehr in der Verantwortung stehe, freue ich mich darauf, die Jungs als Fan von der Tribüne aus zu unterstützen.
Neun Jahre lang hat Sascha Wiehl als Cheftrainer der 1. Herrenmannschaft den TV Nierstein entscheidend geprägt – mit Herzblut, klarem Konzept und einem feinen Gespür für seine Spieler. Schon in den letzten Jahren war Sascha parallel auch im Jugendbereich aktiv und hat wichtige Aufbauarbeit geleistet. Nun widmet er sich mit voller Energie der Förderung unserer Nachwuchsteams – eine Aufgabe, die mindestens genauso wichtig für die Zukunft des Vereins ist. Der TV Nierstein ist stolz und dankbar, Sascha weiterhin als leidenschaftlichen Gestalter und Wegbereiter in seinen Reihen zu wissen – auf eine starke gemeinsame Zukunft!
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