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Artikel in der AZ vom 26. März - Geduld am Ende: Der Sport protestiert
verfasst von Frank Zimmermann

Geduld am Ende: Der Sport protestiert
Erstmals seit Beginn des Lockdowns übt der LSB massive Kritik an Corona-Regelungen / Das Land bügelt Forderungen ab
Von Nils Salecker

MAINZ . Der Sport in Rheinland-Pfalz lehnt sich auf. In einem offenen Brief an die Landesregierung wählt der Landessportbund drastische Worte. Der LSB spricht von „verordneter Bewegungsarmut“, „Mängeln“ und dem „falschen Signal“. Der Grund: Die Corona-Regelungen bremsen den Sport im Land – nur knapp vier Wochen nach den ersten Lockerungen seit Monaten – erneut voll aus. „Die jetzigen Schritte können wir weder nachvollziehen noch tragen wir sie politisch mit“, schreibt der LSB.

Sport in Gruppen ist in Rheinland-Pfalz aktuell nur noch bei einer Inzidenz von unter 50 möglich (siehe Infokasten). Ein Wert, den derzeit nur noch wenige Landkreise aufweisen. Ausnahmen gibt es für Kinder bis einschließlich 14 Jahren. In Landkreisen mit Inzidenzen über 100 werden aber auch diese einkassiert. „Dort liegt der Kindersport wieder brach“, moniert Christof Palm.

„Ich schaue schon etwas neidisch nach Hessen“, sagt der LSB-Geschäftsführer. Im Nachbarbundesland bleiben Ausnahmen, beispielsweise für den Kindersport, bestehen. Zudem ist in Hessen Individualsport drinnen (beispielsweise in Tennis- oder Squashhallen) seit vergangenem Herbst durchweg erlaubt. Auch Fitnessstudios bleiben – wenn auch unter strengen Vorgaben – weiter geöffnet.

Der LSB fordert die Landesregierung auf, nachzusteuern und die jüngste Verordnung für den Sport aufzuweichen. Die Minimalforderung: Fünf Personen jedes Alters sollen unabhängig von Hausstandsregel und Inzidenzwerten gemeinsam – auf Abstand – Sport treiben können. „Das ist nicht zu viel verlangt“, sagt LSB-Geschäftsführer Palm, „und wesentlich weniger, als das, was in Hessen möglich ist.“

Verband: Regelbrüche auf Wiesen und Bolzplätzen

Ein Kernargument des LSB: Im Vereinssport ist die Einhaltung von Corona-Regeln kontrollierbar, während Abstands- und Kontaktregeln auf öffentlichen Wiesen, in Parks oder auf Bolzplätzen immer häufiger nicht mehr eingehalten werden. „Die Leute spielen einfach Fußball“, drückt es Palm plakativ aus.

Daneben führt der Verband erneut positive Effekte von Sport für Gesundheit und Wohlbefinden an. Sport könne Menschen gerade in der aktuell schwierigen Situation helfen, Lebensfreude zu gewinnen, schreibt der LSB. Argumente, die der organisierte Sport seit Monaten immer wieder vorbringt. Zudem Argumente, mit denen der Verband noch vor einem Monat dachte, langfristige Lockerungen erreichen zu können.

Im Februar hatte der LSB noch aktiv an Lockerungen für den Sport mit feilen dürfen. Nun allerdings fühlt sich der Verband übergangen. Von der 18. Coronaverordnung, die am vergangenen Wochenende noch vor der Ministerpräsidentenkonferenz erschienen war, fühlt sich der LSB vor den Kopf gestoßen. „Wir wurden nicht informiert, ich habe davon erst von einem Vereinsvorsitzenden erfahren. Das kann es nicht sein“, empört sich Palm. Auf die Kritik entgegnet das für den Sport zuständige Innenministerium mit dem Hinweis, dass die Verordnung auf der Homepage des Landes „jedem Interessierten zugänglich“ sei.

Auf Anfrage dieser Zeitung äußert sich das Innenministerium zudem zu den Forderungen des LSB. Eine Änderung der aktuellen Corona-Verordnung werde es nicht geben. Auch Verstöße beim privaten Sporttreiben in der Öffentlichkeit würden derzeit Ausnahmen für den Vereinssport nicht rechtfertigen.

Das Ministerium verweist zudem darauf, dass bereits Anfang März klar gewesen sei, dass Lockerungen wieder zurückgenommen werden können, wenn die Infektionszahlen steigen. Bund und Länder hätten dies damals so vereinbart. Allerdings: Dass andere Bundesländer – wie beispielsweise Hessen – die Bremse für den Sport nicht ganz so stark anziehen wie Rheinland-Pfalz, dürfte den Unmut diesseits des Rheins weiter schüren. Dass es angesichts der dritten Corona-Welle erneut Einschränkung geben muss, sieht zwar auch der Verband ein. „Wir sehen die Notwendigkeit der Notbremse. Aber nicht in der Form“, sagt Palm. Fast ohne Murren hatte der Landessportbund die Einschränkungen seit Beginn des Lockdowns im vergangenen Herbst mitgetragen. Doch nun scheint die Geduld des LSB – der für fast 1,4 Millionen Vereinssportler im Land spricht – aufgebraucht.



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Frank Zimmermann
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